Sollten wir uns auf die folgende Aussage noch verlassen?
Quelle: SF1, ECO vom 22.12.2010 — Thomas Jordan: “Wir haben eine Verschärfung der Geldpolitik erfahren”
Thomas Jordan, Vizepräsident des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank (SNB) glaubt an den Willen und Fähigkeit der Notenbanken eine Deflation oder Inflation vermeiden zu können. Sie müssten nur zum richtigen Zeitpunkt die Liquidität aus dem System nehmen.
Zentralbank agieren kaum unabhängig der Staatsgewalt
Notenbanken haben mit ihre Bilanzen mit vielen Risiken ausgeweitet. Trotz hoher Buchverluste schüttet die SNB für das 2010 die vorgesehnen CHF 2.5 Milliarden an Bund und Kantone aus.
Kann man noch mit einer unabhängigen Geldpolitik der Zentralbank rechnen?
Quelle: Wegelin und Co — Teil aus Anlagekommentar Nr. 274 vom 24.1.2011
Ich habe grosse Zweifel, dass sich die Notenbanken dem politischen Druck ihrer Staatsmacht entziehen können. Wahrscheinlich werden die Notenbanken entgegen ihrer Aussagen eine Inflation von über 2% zu lassen und dabei die Leitzinse tief halten. Dadurch werden die Sparenden einmal mehr durch ihren Staat enteignet. Die Schweiz wird dabei keine Insel der Glückseligkeit sein, orientiert sich die SNB doch stark an der Europäische Zentralbank (EZB) und Federal Reserve (Fed).
Die Nationalbanken und ihre Chefs irrten sich schon mehrmals
Die grundlegende Zukunft unser Ersparnisse oder auch Schulden wird stark geprägt durch die Handlungsweise der Notenbanken. In der Vergangenheit haben sich die Repräsentanten der Notenbanken schon mehrmals geirrt. Auch diese Damen und Herren können die Zukunft nicht voraussehen, überdies ist ihre Werkzeugkiste an wirkungsvollen und glaubwürdigen Werkzeugen schon ziemlich ausgeplündert.
Die SNB hat die wirtschaftliche Situation auch schon falsch eingeschätzt
Ich habe schon früher von der Fehleinschätzung des ehemalligen SNB-Präsidenten Jean-Piere Roth geschrieben. Dieser attestierte dem Finanzsystem eine blendende Verfassung, dies kurz vor dem Ausbruch der Finanzkrise im Jahre 2007.
Auf Grund des Jahresverlust im 2010 von CHF 21 Milliarden steht der aktuelle SNB-Präsident Philipp Hildebrand in der Kritik. Der SVP-Politiker Christoph Blocher forderte gar den Rücktritt von Hildebrand.
Quelle: Teleblocher vom 21.01.2011
Umschritten sind besonders die Interventionen im Frühling 2010, damals kaufte die SNB massiv Euros. Damit konnte die Frankenaufwertung gegenüber dem Euro kurzfristig verzögert werden. Leider sind die Angaben der Devisenkäufe von Herrn Blocher teilweise falsch und übertrieben. Die Aussage, die SNB habe 240 Euro Milliarden und davon 160 Euro Milliarde alleine in den ersten 4 Monaten des 2010 gekaut, ist schlichtweg unredlich. Scheinbar hat dieser nie die Bilanzpositionen der SNB betrachtet, wahrscheinlich zitiert er die Weltwoche. Schon in den vier ersten Monaten des 2010 bekundeten vereinzelte der Exportindustrie ihre Sorge über die Frankenstärke in den Medien.
Im März 2010 stieg der CHF erstmals kräftig gegenüber dem Euro an, mit dem Juni startete die erste “richtige” Auf- bzw. Abstiegswelle. Wobei im Abstieg der Euro nie die vorhergehende Stärke erreichte.
Die beiden SNB-Direktionsmitglieder Hildebrand und Jordan zur Kritik
Herr Hildebrand begründet die EUR-Devisenkäufe auf Grund einer deflationären Entwicklung:
Quelle: SF1 vom 16.12.2010 — Weiterhin billiges Geld für Schweizer Wirtschaft
Thomas Jordan verteidigt die Devisenmarktinterventionen und erklärt die zukünftige Ausschüttungspolitik an den Bund und die Kantone:
Jordan zum SNB-Jahresverlust, der Ausschüttungspolitik und den politischen Forderungen
Quelle: DRS1 vom 14.01.2011 — SNB erwartet Jahresverlust von 21 Milliarden Franken
Ich kann nicht beurteilen, ob die SNB die Situation jederzeit richtig einschätzte. Anderseits wird die SNB nie öffentlich Fehler bezüglich ihrer Devisenkäufe eingestehen.
Die vielleicht unfairen Kritiker der SNB
Nebst Christoph Blocher kritisierte auch der Novartis-Präsident Daniel Vasella die Nationalbank für ihre Euro-Devisenkäufe. Es sei dahingestellt, wie viel diese zwei Herren von der Geldpolitik verstehen. Vielleicht wäre es angebracht, dass diese bei der Nationalbank vorbeischauen und sich deren Arbeit erklären liessen. Aus “Ziele und Aufgaben der Schweizerischen Nationalbank” kann entnommen werden, dass die SNB der konjunkturellen Entwicklung auch Rechnung tragen sollte. Somit kann ein privatwirtschaftliches auf Gewinn getrimmtes Unternehmen nicht mit einem Monopol des Gelddrucken, d.h. einer Notenbank verglichen werden.
Die politisch motivierte Kritik des Christoph Blochers
Im Nachhinein ist es einfach, die Nationalbank zu kritisieren. Wäre diese Kritik im Frühling bzw. Sommer 2010 erfolgt und nicht erst seit zirka einem Monat, würde ich Herrn Blocher nicht politisches Kalkül unterstellen. Herr Blocher hat seine Abwahl vom Bundesrat nicht überwunden. Mit dem Departementswechsel von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf ins Finanzdepartement, wird Herr Blocher und seine SVP vermehrt die Amtsführung von Widmer-Schlumpf beanstanden.
Teleblocher wiederholt gebetsmühlenartig dieselben Botschaften; ziemlich langweilige Sendung! Aus den obrigen Videoausschnitt folgte eine Woche die wiederholte Kritik an Herrn Hildebrand durch SVP-Übervater Blocher. Dabei sind die Devisenkäufe des Euros nur „noch“ EUR 150 Milliarden. Neu ist die Unterstellung von Herrn Blocher, dass Herr Hildebrand den Euro retten wollte. Eine solche kühne Behauptung werden hoffentlich nicht mal seine grössten Anhänger ohne Zweifel bejahen.
Quelle: Teleblocher vom 28.01.2011
Im Oktober 2011 wird das Parlament neu gewählt. Christoph Blocher agiert als Wahlstimmenfänger für seine SVP, dabei agiert er unzimperlich bezüglich gewissen Institutionen wie der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) und der SNB. Dabei unterschlägt er Fakten und verdreht das Offensichtliche in seine “Wahrheit”, ich habe darüber schon in “Neulich kreierte sich die SVP mit der SRG einen Scheinfeind” und “Herr Blocher und seine SVP sind einfältig geworden” geschrieben.
Swissmem beurteilt Devisenmarktinterventionen positiv
Wie den aktuellsten Zahlen der Nationalbank Statistik entnommen werden kann, muss die Schweizerische Nationalbank (SNB) offensichtlich sehr starke Devisenmarktinterventionen vorgenommen haben, denn die Euro-Bestände der SNB haben per Ende März 2010 einen Höchststand erreicht. Man kann davon ausgehen, dass ohne diese Interventionen die Aufwertung des Schweizer Frankens noch viel stärker ausgefallen wäre. Diese Devisenmarktinterventionen, die unserer Industrie zweifellos nützen, haben aber auch eine Kehrseite, weil dadurch der Ausstieg aus der bisherigen expansiven Geldpolitik verzögert wird.
Quelle: Ausschnitt aus Network 02/2010, Seite 5
Dauerklage der Schweizer Exportwirtschaft über starken Schweizer Franken
Schon im Februar 2010 wurde die unangenehme Wechselkursproblematik für die Exportindustrie in den Zeitungen thematisiert. Beispielsweise in einem Artikel “Intervention gegen Franken-Aufwertung” der NZZ Online. Sehr aktiv im Bejammern der Frankenstärke war der heutige Bundesrat Johann Schneider-Ammann.
Ab Anfang Mai 2010 wurde fast monatlich der starke Franken für die Exportwirtschaft von damaligen swissmem Präsident Schneider-Ammann beklagt:
1 Euro kostet nur noch 1.40 Franken
Quelle: DRS1 vom 6.05.2010 — 1 Euro kostet nur noch 1.40 Franken
Vielleicht veranlassten solche übertriebene Aussagen die SNB zu den massiven EURO-Devisenkäufen im Mai 2010.
Widersprüchliches vom Fed-Vorsitzenden Ben Bernanke
Ich habe schon frühere im Eintrag “Wie ein Notenbanker die Situation falsch einschätzte” über die Fehleinschätzungen von Ben Bernanke geschrieben.
Wenn sich Bernanke selbst widerspricht:
The Daily Show With Jon Stewart | Mon — Thurs 11p / 10c | |||
The Big Bank Theory | ||||
|
Der US-Fernsehkomödiant von Jon Stewart zeigte neulich zwei Interviews mit Ben Bernanke. Im ersten Interview vom 15.03.2009 spricht er vom Gelddrucken, im zweiten Interview vom 5.12.2010 verneint er das Gelddrucken.
Oftmals wenig Transparenz bei den Zentralbanken
Die Notenbanken haben sich nicht der Transparenz verschrieben, vielleicht muss dies zum Teil auch so sein, andernfalls würden sie für die Finanzmärkte noch berechenbarer. Beispielsweise rechnen die Aktienbesitzer in “Im Dunkeln der Finanzmärkte — Teil 2″ erwähnt mit der Wiederholung des Greenspan-Put durch die US-Notenbank.
SNB und die UBS-Rettung
Die SNB muss nicht öffentlich im Detail vorlegen, welche “toxischen” Wertpapiere von der UBS in den Stab Fund übernommen wurden. Einen solche Einblicke will die SNB den anderen Marktteilnehmer nicht gewähren, es könnten sonst Nachteile im Handel mit diesen Wertpapieren entstehen.
Offenlegung der Bailout-Informationen durch die Fed
Die Fed wurde vom Kongress gezwungen, die über 21‘000 Transaktionen zwischen Dezember 2007 und Juli 2010 öffentlich zu machen. Am 1. Dezember 2010 wurden die detaillierten Daten der Liquiditäts- und Kreditmassnahmen zur Rettung des Finanzsystems im Nachgang der Subprime-Krise öffentlich.
Quelle: 20 Minuten Online vom 10.12.2010 — Geheimdeal mit den USA rettete die UBS
Hätte die UBS ohne die Hilfe durch die Fed überlebt?
Die USB hat im Programm mit dem Namen “Commercial Paper Funding Facility” mit USD 74.5 Milliarden Dollar laut Bloomberg sogar doppelt soviel Geld erhalten, wie die US-Bank Citigroup. Die Zahlen müssen laut der UBS allerdings insofern relativiert werden, da sie Doppelzählungen durch erneuerte bestehende Geschäfte enthalten, somit waren nie mehr als zirka 37 Milliarden ausgelehnt.
Zirka 2 Wochen nach der Rettung der UBS in der Schweiz, konnte bzw. musste die UBS ihre illiquide gewordenen Commercial Papers gegen Geld bei der Fed einlösen. Am 28.10.2008 waren es USD 7.9 Milliarden, am Tag danach 9.9 Milliarden, am 30.10.2010 11.9 Milliarden und am letzten Oktober-Tag zirka 7.4 Milliarden. Die Kunden zogen massenhaft ihre Gelder von der UBS ab und das Interbankengeschäft war zum Erliegen gekommen.
Hätte die UBS ohne diese Liquiditätsspritzen der Fed den Konkurs abwenden können? Diese Frage wurde seit der Fed-Bekanntgabe ihrer Nothilfekredite nie in der Schweiz thematisiert. Auch in einer direkten Demokratie werden einige heikle Themen nicht öffentlich diskutiert.
Trade and settlement date | Maturity date | Commercial paper purchased | Discount rate | Total discount rate + Credit enhancement surcharge |
Issuer name |
---|---|---|---|---|---|
28.10.2008 | 26.01.2009 | 7’942.2 | 1.87 | 2.87 | UBS FINANCE DELAWARE LLC |
29.10.2008 | 27.01.2009 | 9’929.0 | 1.84 | 2.84 | UBS FINANCE DELAWARE LLC |
30.10.2008 | 28.01.2009 | 11’917.8 | 1.71 | 2.71 | UBS FINANCE DELAWARE LLC |
31.10.2008 | 29.01.2009 | 5’961.0 | 1.59 | 2.59 | UBS FINANCE DELAWARE LLC |
31.10.2008 | 29.01.2009 | 1’490.3 | 1.60 | 2.60 | UBS AMERICAS INC |
26.01.2009 | 27.04.2009 | 4’971.7 | 1.24 | 2.24 | UBS FINANCE DELAWARE LLC |
27.01.2009 | 27.04.2009 | 4’972.0 | 1.24 | 2.24 | UBS FINANCE DELAWARE LLC |
28.01.2009 | 28.04.2009 | 5’469.5 | 1.21 | 2.21 | UBS FINANCE DELAWARE LLC |
29.01.2009 | 29.04.2009 | 9’944.5 | 1.22 | 2.22 | UBS FINANCE DELAWARE LLC |
30.01.2009 | 30.04.2009 | 10’441.5 | 1.21 | 2.21 | UBS FINANCE DELAWARE LLC |
30.01.2009 | 30.04.2009 | 1’491.6 | 1.23 | 2.23 | UBS AMERICAS INC |
Fazit
Viele Zentralbanken haben ihre Bilanzsumme seit 2009 stark ausgeweitet, die SNB mit rund CHF 300 Milliarden knapp auf das Dreifache [1]. In vielen diesen aufgeblasenen Bilanzen haben sich erhebliche Risiken angesammelt, bei der SNB sind dies beispielsweise die hohen Bestände an Devisenanlagen. Wie im Anlagekommentar von Wegelin und Co erwähnt, könnte sich eine Zinserhöhung negativ in den Bilanzen der Zentralbanken niederschlagen.
Die Zentralbanken unterliegen Zielkonflikten, die durch die Rettung des Finanzsystems nicht minder geworden sind. Bei der SNB sind es die traditionelle Ausschüttung der Milliarden an den Bund und die Kantone und bei der Fed ist es die gleichzeitige Bekämpfung der Inflation und Arbeitslosigkeit, wobei der zweite Zielkonflikt von den Ökonomen mehrheitlich bestritten wird.
In der Vergangenheit gab es Staatsbankrotte, Währungsreformen, hohe Inflation usw. auch in der Zukunft sollten wir solche Ereignisse für die industrialisierte Welt nicht ausschliessen. Vieles im jetzigen Finanzsystem liegt im Argen. Es ist fraglich, ob den Zentralbanken daraus für den Bürger “schmerzfreien Befreiungsschlag” gelingen wird.
Links:
[1] Die Schweizerische Nationalbank und die Finanzkrise — Club of Rome Forum
Pingback: Der Sinneswandel bei Blocher, Schiltknecht und Weltwoche » Wirtschafts- und Politfilz Schweiz
Pingback: Wir sollten die Abwanderungsgelüste der UBS begrüssen » Wirtschafts- und Politfilz Schweiz