Dieser Blog hatte in letzter Zeit einige längere Sendepausen, dies wird auch in der Zukunft nicht anders sein. Über das Rauschen an den Finanzmärkten oder das nebensächliche Geschehen an der Wirtschaftsfront zu berichten ist nicht das Ziel dieses Blogs, die Verbreitung oder Interpretation solcher Nebensächlichkeiten überlasse ich den “besseren” Schreibern. Zudem macht es kaum Sinn, dass sich ein langfristig orientierter Privatanleger mit irgendwelchen Transaktionen auf das Ab und Auf von wenigen Prozenten an den Aktienbörsen reagiert, so hatte auch ich in den letzten zwei Monaten keine Wertschriftentransaktion durchgeführt.
In den letzten paar Wochen war ich in zwei PIIGS-Staaten unterwegs und habe dabei die Finanzmärkte teilweise notgedrungen bzw. letztendlich glücklicherweise kaum beachtet, siehe dazu “6 Wochen unterwegs in Spanien und Portugal”. Natürlich habe ich die zunehmende Schwäche des Euros gegenüber den CHF wahrgenommen und auch das Vorübergehende erstarken des USD.
Über Portugal und Spanien werde ich in diesem Beitrag nicht schreiben, vielmehr geht es einmal mehr um den Informationscrash, langfristige Ziele und um eine verpasste Chance.
Medien fördern den Informationscrash
Die Medien werden auf Grund ihrer Nachrichtengier manipuliert
Ich bin erstaunt, dass sich die Medien der Kontinentaleuropäer so stark auf die in der USA und London produzierte negative Euro-Propaganda einlässt. Damit versuchen wahrscheinlich die US-Amerikaner und Briten von ihren noch grösseren Problemen abzulecken. Immer wieder die Debatte über die Staatsverschuldung von Griechenland in den Medien zu wälzen, lenkt nur von den wahren Problemen ab. Der mögliche griechische Zahlungsausfall ist mit dem europäischen Rettungspaket auf mehrere Monate oder gar Jahre hinausgeschoben, wie auch andere globale Probleme der Finanzwirtschaft vertagt wurden.
Natürlich wird die Volatilität beispielsweise einer griechischen Anleihe an den Finanzmärkten von den Finanzunternehmen begrüsst, lässt sich doch damit sehr viel Geld an den Derivatenmärkten verdienen. Die informationsgierigen Medien lassen sich gerne für die Verbreitung dieses künstlich produzierten Nachrichtenlärms missbrauchen.
Die Bedeutung der Aktienbörse wird überbewertet
Leider fördern die Medien mit ihrer Berichterstattung, dass der Produktionsfaktor Kapital noch mehr gegenüber dem Produktionsfaktor Arbeit Gewichtung erhält. Dem Menschen den Glauben zu geben, mit Geld sei mehr Geld zu gewinnen als mit Arbeit zu verdienen, fördert nur die Spekulation in einem Nullsummen ähnlichen Spiel.
Rückkoppelung der guten Stimmung an den Aktienbörsen
Viele Wirtschaftssubjekte verwechseln die Aktienbörse mit der realen Wirtschaft. Auch wenn die Aktienkurse stark angestiegen sind, heisst dies nicht, dass die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise überwunden ist. Manchmal beschleicht mich das Gefühl, dass die Einschätzung der Wirtschaftsentwicklung allzu sehr an den Indizes der Aktienbörsen hängen. Gerade die Medien verbreiten bei fallenden Kursen eher negative Wirtschaftsnachrichten und bei steigenden die positiven Konjunkturdaten.
Ab Mai 2010 sanken die Aktienkurse
Scheinbar befürchten einige Finanzexperten ein Abflauen des Wirtschaftsaufschwungs und schon zeigten die Aktienkurse nach unten oder war es umgekehrt? Die Aktienkurse gingen nach unten und die Ökonomen suchten nach Erklärungen?
Das Handeln der Notenbanken teilweise auch getrieben von den Aktienmärkten
Seit Januar 2008 besteht bei mir der Eindruck, dass die Zentralbanken und die Regierungen zu getriebenen der Aktienkurse geworden sind. Für damalige Verhältnisse gaben die Aktienkurse sehr schnell nach, was das Fed am 22.01.2008 bewog, die Federal Funds Rate ausserordentlich um 75 Basispunkte zu senken.
Fernsehen und Radio reduzieren die Finanzmärkte auf Aktien und Währungen
Einige Medien reduzieren die Finanzmärkte auf Aktien und Währungen. Beispielsweise musste ich am zweiten Tag nach dem Euro-Rettungspaket am 11.05.2010 in der Sendung “Echo der Zeit” folgendes hören:
Quelle: Radio DRS1 Echo der Zeit vom 11.05.2010
Eines der Hauptziele des EU-Rettungspaketes ist die Reduzierung der hohen Risikoaufschläge für Staatsanleihen einiger Euroländer. Auch am zweiten Handelstag nach dem Euro-Rettungspaket sanken die Risikoaufschläge für griechische und portugiesische Staatsanleihen. Damit bewies die Sendung “Echo der Zeit” ihre Unfähigkeit die Fakten richtig zu werten — es gibt noch anderes als Währungen und Aktienkurse!
Andauernd die Beliebtheit von Politikern zu messen ist eine grosse Dummheit
Allzu oft wird die Beliebtheit von Politikern in Umfragen durch die Medien ermittelt. Wenn die Politiker ihre Politik nur noch nach der Skala ihrer Beliebtheit ausrichten, wird das kurzfristige Denken noch mehr dominieren. Es ist nicht möglich, dass beispielsweise die positiven Resultate der Umsetzung einer neuen US-Gesundheitsreform von heute auf morgen sichtbar werden. Für die Lebensqualität längefristig zu erhalten bzw. gar zu steigern, muss die Politik auch von gewissen Bevölkerungsgruppen vorübergehend Opfer abverlangen können, dies kann natürlich Wählerstimmen kosten. Vielleicht müsste die erste Amtszeit eines US-Präsidenten auf 6 Jahre ausgeweitet werden, damit wäre es eher möglich, dessen Regierungsarbeit richtig zu werten.
Medien wollen sofort den wirtschaftlichen Schaden quantifiziert haben
Die Medien sind mitschuldige der finanzgetriebenen Politik. Sofort nach einer Katastrophe sind die Medien gierig nach der Bezifferung der Schadenssumme, obwohl diese in den meisten Fällen zweitrangig zu behandeln wäre. Hierzu zwei aktuelle Beispiele:
- Schon kurz nachdem die Ölbohrplattform Deepwater Horizon im Meer versank und auslaufendes Öl entdeckt wurde, hatten die Medien schon die möglichen Kosten für BP herumgereicht. Dass die ökologischen Folgen nicht mit Geldmitteln zu tilgen sind, scheint den Medien vorerst nur nebensächlich zu sein.
- Als der Gletschervulkan Eyjafjalla auf Island den grössten Teil des Flugverkehrs in Europa lahmlegte, wurden die volkswirtschaftlichen Auswirkungen von den Medien in den Vordergrund gerückt, dabei wurde die Sicherheit des Flugverkehrs zu einem zweitrangigen Thema degradiert.
Menschheit braucht langfristige Ziele
Leider ist unsere Gesellschaft vorwiegend nur noch von kurzfristigen Gewinnen getrieben, dies zerstört teilweise notwendige Reformen. Anderseits gäbe es mehr als genügend reiche Menschen, die Investitionen für die Lösung der wichtigsten Probleme unsers Heimatplaneten tätigen könnten.
In der Vergangenheit gab es realistische Visionäre
Herren wie Franklin Delano Roosevelt und George Marshall hatten noch Visionen, die mit dem New Deal bzw. Marshallplan auch erfolgreich umgesetzt wurden. Politiker mit dem Motto “Nach der Wahl ist vor der Wahl”, werden nie einen solchen Dienst an der Menschheit erbringen können. Anderseits, ein Jahrzehnt nach dessen Amtszeit, wird kaum ein Bürger sich an die positiven Leistungen eines solchen Politikers erinnern.
Kaum internationales Vorgehen
Die Klimapolitik, die Regulierung der Finanzmärkte wie auch die Bekämpfung des Terrorismus müsste international abgestimmt erfolgen. Viele globale Probleme können nicht national gelöst werden. Beispielsweise werden Unternehmen und nicht nur Finanzunternehmen immer dort abwandern, wo sie sich die grössten Profite erarbeiten können. Doch die Staaten betreiben noch immer pure Interessenspolitik und stellen ihre ökonomischen Probleme in den Vordergrund, damit sind globale Lösungen eher die Ausnahme als die Regel. Natürlich ist der Wohlstand in der Welt noch immer sehr schlecht verteilt und in einem Land wie beispielsweise Indien wird die Ernährung der eigenen Bevölkerung höhere gewichten als Klimapolitik, umso mehr sind die Industrieländer gefordert, die Vorreiterposition zu übernehmen.
Kopenhagen die verpasste Chance
Es genügt ein gesunder Menschenverstand, um zu erkennen, dass wir die Umweltprobleme sehr intensiv angehen sollten. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Szenarien der Klimatologen die zukünftige Realität abbilden. Auch wenn unter den Wissenschaftler ein hoher Konsens bezüglich Klimamodell besteht, bin ich überzeugt, dass unser Wissen über die Gesetzmässigkeit des Klimas nicht ausreicht, um ein Modell von nichtlinearen Rückkoppelungen ohne hohe Fehlerquote zu implementieren.
Wir Erdlinge sind Teilnehmer in einem riesigen Experiment, deren Ausgang sehr ungewiss ist. Wäre es nicht an der Zeit einen ökologischen Boom auszulösen, statt mit dem Risiko zu leben, dass die Menschheit in einigen wenigen Generationen einer möglichen ökologischen Katastrophe machtlos gegenübersteht.
BIP die falsche Masseinheit für die Messung der Lebensqualität
Oft wird das BIP als Indikator für die Lebensqualität in einem Land missbraucht. Im BIP werden alle Transaktionen als positiv bilanziert, beispielsweise auch Umweltkatastrophen. Es wäre schön, wenn dieser Indikator an Bedeutung verlieren würde und stattdessen ein Indikator der die nachhaltige Entwicklung, den Ressourcenumgang usw. an dessen Stelle als Lebensqualitätsmesser treten würde. Zur Lebensqualität gehören auch, der Zugang zu einer guten Ausbildung, funktionierende Infrastruktur und soziale Stabilität.
Industriestaaten sollten sich der ökologischen Herausforderungen annehmen
In der aktuellen Krise ist die Arbeitslosigkeit in vielen Industrieländern wie beispielsweise den USA stark angestiegen. Es ist naiv zu hoffen, dass die Schwellenländer wie China, Indien usw. für das nötige Wachstum sorgen, damit in gewissen Industrieländern die Arbeitslosenrate auf das Niveau vor der Krise sinkt. Das BIP und die Lebensqualität können in den Schwellenländern auch ohne die grosse Hilfe der Industriestaaten noch stark gesteigert werden, anders ist die Situation in den westlichen Industriestaaten. Die westlichen Mächtigen glauben noch immer an das ewige quantitative Wirtschaftswachstum — der Bürger müsse nur wieder konsumieren, notfalls finanziert mit Krediten. Obwohl die Geldguthaben während der Krise nicht einfach verschwanden, sowenig wie die Schulden, hat sich die Umverteilung während der Krise zu Gunsten der Reichen fortgesetzt, beispielsweise haben in den USA die untersten 40% Einkommensbezieher weniger als 1% des Volksvermögens.
Noch immer sucht viel vagabundierendes Kapital der wohlhabenden westlichen Gesellschaft nach neuen Investitionsmöglichkeiten. Damit ist der “Treibstoff” für einen nachhaltigen Boom vorhanden und damit meine ich nicht eine weitere Spekulationsblase basierend auf steigenden Hauspreisen und undurchsichtige innovative Finanzprodukte. Die Transformation zu einer nachhaltigen Ökonomie ist eine Chance für die Industriestaaten, leider wollen viele Investoren, Firmenmanager und Politiker sich dieser Herausforderung noch nicht stellen.
Unterentwickeltes Umweltbewusstsein in den Industriestaaten
Vor einigen Tagen sah ich folgendes beim TV-Sender RTL:
Quelle: RTL, Gigant am Himmel — Faszination A380
Wir aus den Industriestaaten sind unglaubwürdig gegenüber der restlichen Welt, solange unsere Individuen als Zeitvertreib schnell für 48 Stunden in einer Aluminiumröhre von Frankfurt nach Tokio fliegen und dabei mehr als 600 Liter Flugbenzin verbrennen. Ich betrachte ein solches Verhalten als nicht zeitgemäss und als Diebstahl an den nachfolgenden Generationen. Die Menschen in diesem Video verurteil ich nicht, im Allgemeinen haben wir in den Industriestaaten noch immer ein unterentwickeltes Umweltbewusstsein. Auch die hundert grössten Konzerne der Welt sind nicht besser — haben doch nur deren zwei, den Erhalt des Ökosystems als strategisches Ziel.
Jahrelanges Desinteresse der Autokonzerne bei der Entwicklung sparsamer Autos
Vor zirka 5 Monaten war ich auf der Suche nach einem weniger umweltschädlichen Auto. Schon vor einem Jahr betrachtete ich den damaligen Automarkt nach diesem Kriterium. Hierbei zeigte sich, dass die Autoindustrie jahrelang die Entwicklung der “umweltfreundlichen” Autos hinausgezögerte. Wahrscheinlich zwang der Ölpreisschock im Jahre 2008 die Autohersteller zum Umdenken. Leider werden diese sparsamen Autos noch immer zu wenig von den Kunden nachgefragt.
Ökoinfos statt Börsensendungen zur besten TV-Sendezeit
Mit “Börse im Ersten” und “SF Börse” bringen die beiden Sender ARD bzw. SF1 täglich zur besten Sendezeit Informationen über die Aktienbörse. Ich habe den Sinn einer solchen Sendung noch nie verstanden, weil die Informationen einer solchen Ausstrahlung kein Zielpublikum haben.
Die Sendezeit könnte besser für ökologische Informationen benutzt werden, beispielsweise für Werbung von neuen ökologischen Innovationen.
Ökologischer Boom lieber heute als erst übermorgen
Ein globales Klimaabkommen mit herausfordernden Zielen würde die Innovationen fördern und damit das qualitative Wirtschaftswachstum steigern. Scheitert ein globales Klimaabkommen, bleibt noch immer die Hoffnung das einzelnen Staaten eine erfolgreiche Klimapolitik vorleben, mit dem Wunschdenken, dass diese Nachahmer finden wird. Solche mutige Staaten könnten Gewinn bringend ihr Erfolgsmodell exportieren. Anderseits, ohne globale Klimaregeln sind solche Einzelgänge ökonomisch nicht ungefährlich und die CO2-Reduzierung könnte gar ausbleiben.
Einzelgänge von grünen Ländern bzw. EU nicht ungefährlich
Die Anbieter der fossilen Brennstoffe möchten natürlich ihre Lagerstätten zu einem guten Preis an die Nachfragenden verkaufen. Dadurch entsteht die Gefahr, dass die Weltbilanz des CO2-Ausstosses sich nicht verringert, obwohl einige Weltregionen ihre CO2-Produktion mit grüner Technologie und sparsameren Ressourcenumgang stark reduzieren würden. Länder, die sich bisher wenig um den Umweltschutz scherrten, namentlich die USA, würden vom Angebotsüberhang der fossilen Kohlenstoffe gar profitieren und könnten ihren verschwenderischen Umgang mit den natürlichen Ressourcen aufrechterhalten. Zudem können sich viele Machthaber der Öl exportierenden Länder nur kurzfristige Einnahmenverluste aus diesem Geschäft erlauben, somit müssten diese bei fallenden Preisen das Angebot ausweiten oder einen Preisanstieg erzwingen.
Die weltweite CO2-Reduzierung liesse sich mit globalen Regeln weitaus leichter erreichen.