“Kaufen und halten”, Anlagehorizont, Rendite und Krisen
Im Folgenden sehen Sie zwei unterschiedliche Ansichten über kaufen und halten. Erwin Heri sieht keine Alternative zu der Kaufen-und-Halten-Strategie (KUHS):
Quelle: NZZ-Impulse vom 22.11.2010 — Erwin Heri: Ist die Regel «Buy and hold» noch zeitgemäss? Letzte Jahrzehnt
Langfristig prognostiziert Herr Heri eine durchschnittliche Jahresrendite von 5–8%, wobei er dabei einen Anlagehorizont von 10 und mehr Jahren voraussetzt. Anderseits bestätigt er die allgemeine Nullrendite im Zeitraum 2000 bis 2010 die mit Aktien und der KUHS erzielt wurde.
Unter “Historische Asset-Klassen-Renditen” ist erwähnt, dass die zu erwartende reale bzw. inflationsbereinigte Rendite eines MSCI World eher bei 5% p.a. lag. Es ist zudem fraglich, ob bei abnehmendem Wirtschaftswachstum in den frühindustrialisierten Ländern weiterhin diese Rendite erwartet werden kann.
Zu viele Krisen in kurzen Zeiträumen sprechen gegen KUHS
Gemäss Markus Sievers funktioniert die KUHS in der heutigen Zeit nicht mehr:
Quelle: Cash vom 2.05.2011 — Markus Sievers über das langfristige Halten von Aktien. Kaufen und Halten
Was gegen aktives Handeln spricht
Wann was verkauft oder gekauft werden soll weiss niemand im Voraus zudem ist aktives Handeln aufgrund der Kommissionen sehr teuer. Die wenig attraktive und langweilige KUHS ist vielleicht doch das Beste:
Quelle: NZZ-Impulse vom 22.11.2010 — Erwin Heri: Ist die Regel «Buy and hold» noch zeitgemäss? Kaufen und halten
Der Rückschaufehler (hindsight bias)
Aus heutiger Sicht scheint der Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise seit 2007 vollkommen logisch. Daraus könnte man fälschlicherweise schliessen, dass die Zukunft irgendwie doch vorhersehbar sei. Seit circa 2008 habe ich diesem Blog auch immer wieder einige Prognosen der Anlageprofis veröffentlicht. Schauen Sie sich die Prognosen an oder suchen sich nach Zeitungsberichten über Prognosen für die beiden Jahre 2007 und 2008. Fast ausschliesslich prognostizieren die Ökonomen einen wirtschaftlichen Aufschwung für das Jahr 2008.
Als am Lehman Brothers am 15.11.2008 die Insolvenz beantragte und der Finanzkrise damit richtiggehend einen grossen Schub verlieh, wurde während mehr als einem Jahr die Unterlassung der Rettung dieser Investmentbank als Hauptursache der Finanzkrise angeführt.
Mit der erhöhten Fokussierung der Finanzmärkte ab circa 2010 auf Staatsschuldenkrise im Euroraum wurde die Geschichte erneut neu geschrieben. Gegenwärtig wird die Ausweitung der Geldmenge durch das Fed, die zu starke Förderung des Wohneigentums in den USA oder auch die zu hohe Verschuldung gewisser Staatshaushalte für die aktuelle Wirtschaftskrise angeführt. Dabei ist heute allgemein anerkannt, dass Lehman Brothers nicht die Ursache, sondern die Folge des Problems war.
Die Geschichte dieser Finanz- und Wirtschaftskrise ist längst nicht fertig geschrieben. Was jetzt noch logischerweise als Ursache angeführt wird, könnte rückblickend auch nur als Folge der noch nicht herauskristallisierten Ursachen sein.
Rückblickend scheint alles genau vorgezeichnet und die Vergangenheit musste logischerweise diesem Pfad folgen. Dies ist ein Rückschaufehler einer der zähesten Denkfehler.
Aktives handeln aber wie
Am 16.03.2012 malte Herr Patrick Frost einen positiven Ausblick auf die Aktienmärkte:
Quelle: Cash vom 16.03.2012 — Patrick Frost, Anlage-Chef Swiss Life
Seit dieser Analyse sind die verbreitetsten Aktienindizes in den Sinkflug übergegangen, als Beispiel der DAX, SMI und S&P 500:
Wieder einmal hat ist einer dieser Experten dem Trendverlauf der vergangenen Monate auf dem Leim gegangen. Sicherlich kann der mündige Privatanleger die meisten dieser Aussagen richtig werten und wird sich wie ich bestenfalls über das Gesagte amüsieren.
Markus Sievers lag auch daneben
Noch am 14.03.2012 schrieb Markus Sievers eine positive Perspektive für den Dax:
Insgesamt bin ich optimistisch, was die kurzfristige Entwicklung des Dax anbelangt. Offen bleibt letztlich die Frage, wann der richtige Zeitpunkt zum Einstieg ist. Voraussichtlich würde ein Militärschlag im Iran-Konflikt einen solchen Zeitpunkt liefern.
Quelle: Blog apano — Dax gewinnt an Fahrt
Seit diesem Marktausblick hat der Dax über 10% verloren. Scheinbar scheitern die allermeisten Finanzexperten an der Strategie “kaufe günstig und verkaufe teuer”.
Wie agiere ich
Grundsätzlich beobachte ich die Kurse der Börsen nur sehr beschränkt. Anderseits haben die Aktienkurse in den schweizerischen Medien einen viel zu hohen Stellenwert, sodass ich mich nicht immer von diesem Nachrichtenstrom entziehen kann. Der Hauptgrund für die zurückhaltende Beobachtung der Börsenkurse liegt in der Tatsache: “Laufende Kursbeobachtungen macht unglücklich”.
Was ich aber wissen möchte:
Der 1.06.2012 war insofern ein interessanter Tag, weil es einen beachtbaren Kursausschlag des Goldes gab:
Die Bekanntgabe der enttäuschenden US-Arbeitsmarktzahlen um 14:30 unserer Zeit, liessen den Goldpreis letztendlich um circa 4% steigen. Auch wenn der Goldpreis in den letzen Monaten einige Schwächen offenbarte, ist es noch immer die Krisenwährung schlechthin. In ein breit diversifiziertes Portfolio gehört aufgrund der geringen Korrelation zu den Aktien noch immer Gold. Die Beobachtung Korrelation der verschiedenen Anlageklassen über verschiedene Zeitperioden finde ich unumgänglich, siehe dazu, Teil 1, Teil 2 und Teil 3 von Rendite, Risiko, Korrelation und Diversifikation.
Konjunkturelle Aussichten dominieren mein Portfolio
Ich persönlich bin ein bisschen aktiver und reuziere bzw. erhöhe meine Aktienquote aufgrund meiner Einschätzung der konjunkturellen Aussichten. Oftmals entspricht dies aber einem sehr antizyklischen Handeln, beispielsweise war die Stimmung im März dieses Jahres sehr aufgehellt. Folgende Schlagzeilen machten mich im März skeptisch:
- Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, sieht das Risiko einer schweren Euro-Krise vorerst abgewendet.
- EZB-Präsident Mario Draghi macht Hoffnung auf ein Ende der Finanz- und Schuldenkrise. “Das Schlimmste ist vorüber”, sagte der Italiener der “Bild”-Zeitung.
Auch die Analysten waren im Februar und März wieder einmal im Bullenmodus, siehe oben Patrick Frost und Markus Sievers. All dies waren Indizien die Aktien in meinem Portfolio unterzugewichten. Ich persönlich schätze die konjunkturellen Aussichten sehr negativ ein, hoffentlich irre ich mich. Könnte sein, dass wir nun das Auge des Hurrikans verlassen und die Improvisationslösungen der Politiker und Notenbanken nicht mehr ausreichen. Dazu mehr in einem späteren Beitrag …
Kampf der Emotionen
Meine Handlungsweise kann sich sehr schnell als teuer herausstellen, letztendlich kenne ich die Marktstimmung auch nur im Nachhinein. Zudem bin ich wie auch die meisten anderen kaum rational und werde von den Gefühlen wie Gier, Angst und Ärger beherrscht. Somit besteht eine latente Gefahr mit dem gemässigten aktiven Handeln, ein grosser Verlierer gegenüber dem Markt zu werden. Was jeder vermeiden sollte, ist im Folgenden sehr schön dargestellt:
Quelle: Emotionen und Märkte, Global Investor, Mai 2011, Credit Suisse
Fazit
Natürlich wäre wünschenswert, wenn ich wüsste, dass der Aktienmarkt 20% und mehr verliert. Dann würde ich teuer verkaufen und bei den günstigsten Preisen wieder einsteigen. Glücklicherweise hat niemand die Fähigkeit die Börsenkurse korrekt vorherzusehen.
Ein breit diversifiziertes Portfolio mit wenigen und günstigen ETFs mit einem Anlagehorizont von 10 und mehr Jahren ist sicherlich noch immer die erfolgreichste Strategie für den Privatanleger. Für die Erhaltung der ursprünglichen Zusammensetzung muss dieses Portfolio gelegentlich eine Umschichtung von Kapital zwischen den verschiedenen Anlage-Klassen erfahren.