Seit Mitte 2006 bin ich regelmässiger Leser des Schweizer Anlegermagazin Stocks, eines was mir an diesem Magazin missfällt ist der Börsenkompass. Im November 2005 (23/2005) wurde dieser eingeführt, er liefert Kauf- und Verkaufsempfehlungen basierend auf den folgenden 5 Indikatoren:
Dollar: Ein 7‑Wochen-Hoch beim Dollar gegenüber dem Franken bedeutet ein Kauf- ein 7‑Wochen-Tief ein Verkaufssignal.
Zinsen: Ein 38-Wochen-Hoch respektive –Tief (10-jährige Bundesanleihe und/oder US-T-Bond) gilt als Verkaufs bzw. resp. Kaufsignal. Das Zinssignal dreht, wenn entweder die Staatsanleihen Zinsen (SA‑Z) und/oder die Geldmarktzinsen (GM‑Z) drehen. Somit müssen jeweils 3 der 5 Märkte (USA, D, GB, CH, JP) ein Kaufsignal liefern.
Erdöl: Ein 8‑Wochen-Hoch beim Ölpreis bedeutet ein Verkaufs‑, ein 8‑Wochen-Tief ein Kaufsignal für die Börsen.
Märkte: Bei der 12-Wochen-Indizies-Methode der 77 wichtigsten Börsen muss das Verhältnis der Märkte dreimal positiv sein.
Saison: (bis Heft 11/2007) Mitte Okt. bis Mitte April sind die statistisch die besten Börsenmonate. Diese Zeit liefert ein Kauf‑, die anderen ein Verkaufssignal.
Saison: (ab Heft 12/2007) Mitte Okt. bis Mitte Juli sind statistisch die besten Börsenmonate. Diese Zeit liefert ein Kauf‑, die anderen ein Verkaufssignal.
Historie
Im Heft vom 18/2006 behauptet Stocks, dass die Methoden von Statistikspezialist Uwe Lang nachgewiesen wurden. Diese statistischen Nachweise würde ich gerne sehen und überprüfen. Dass er im Herbst 1999 vor dem Aktiencrash im Jahre 2000 warnte, macht ihn mit seinen Methoden noch lange nicht zum unfehlbaren Propheten.
Gemäss der Definition von Stocks soll der Börsenkompass ein makroökonomisches Bild über die kurzfristigen Chancen und Gefahren für die Aktienmärkte wiedergeben. Im Heft 18/2006 bemerkt Stocks: „Der Börsenkompass ist nicht dazu in der Lage, zu sagen, WANN eine Korrektur kommt. Der Börsenkompass sagt nur, OB eine Korrektur fällig ist oder nicht“. Die beiden widersprüchlichen Aussagen alleine unterstreicht die Unbrauchbarkeit des Börsenkompasses.
Im Heft 19/2006 das erste Eingeständnis, das der Kompass diesmal in der Tat falsch lag.
Heft 12/2007 das zweite Eingeständnis, dass der Kompass die letzten vier Wochen mit 1:4, also „uzieren“, falsch lag. Nun sollen es die ersten Flicken am Saisonsignal und vielleicht später am Zinssignal angebracht werden.
Warum wird der Kompass nie funktionieren?
Ich und wahrscheinlich die meisten Stocksleser ignorieren den Börsenkompass. Ich empfehle den Stocks-Redakteuren, sich in das Buch „Das zählt an der Börse“ von Ken Fisher hinein zu lesen. Dieses Buch widerlegt 4 von 5 Indikatoren, die Stocks für den Börsenkompass verwendet.
Zu Thema schwachen Dollar gibt es einiges in diesem Buch zu erfahren. Das Wichtigste: Eine schwache Währung weist nicht auf einen schwachen Börsenertrag hin, nicht in den USA und auch nicht in der Schweiz.
Ab Seite 72 wird auf den Zinssatz-Hokupokus eingegangen. Es ist zu lesen, dass die Erhöhung der Leitzinsen um ein Viertel oder halben Prozentpunkt kaum ein Ereignis ist, welches die Märkte bewegt.
Bezüglich Öl ist zu erfahren, dass es einen Korrelationskoeffizienten von ‑0.11 zu Aktien aufweist. Ein R‑Quadrat von 0.01 ist dahingehend zu interpretieren, dass nur ein Prozent der Aktienbewegungen, auf die Veränderungen des Ölpreises zurückzuführen sind.
Beim Saisoneffekt gibt es einiges ab der Seite 209 zu lesen. Stocks hat aber schon selbst erkannt, dass dieses Signal bisher nicht funktionierte. Wobei innerhalb von zwei Wochen die Statistik auf einmal von Mitte Okt. bis Mitte April auf Mitte Okt. auf Mitte Juli geändert wurde. Es erstaunt mich, wie doch statistische nachgewiesene Daten plötzlich so schnell ändern. Im Buch von Ken Fisher sind die monatlichen Renditen des S&P 500 von 1926 – 2005 aufgeführt, welchen statistischen Daten unterliegt der Saisoneffekt des Stocks-Magazins?
Wäre der Magnetkompass zur Bestimmung der Nordrichtung auf demselben tiefen Funktionsniveau wie der Stocks-Börsenkompass, so wäre Italien manchmal in der nördlichen Richtung von Bern. Es wäre schön, wenn Stocks in der Zukunft auf diesen Hokuspokus verzichtet oder den Nachweis erbringt, dass die Signale in der Vergangenheit jemals funktioniert haben.