Vor zirka einem Jahr habe ich geschrieben, dass dies die letzte Wiedergabe der Jahresprognosen von Börsenprofis sein würde. Damit habe ich von 2007 bis 2010 einige Prognosen der Aktienexperten und deren Qualität in diesem Blog abgebildet.
Beim Vergleich der Prognosen mit der Realität, konnten immer wieder erhebliche Differenzen festgestellt werden. Wahrscheinlich beträgt die Trefferquote erwartungsgemäss zirka 50% bzw. sie sind rein zufällig.
Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern
Herr Panagiotis Spiliopoulos ist ein Repräsentant dieser Analysten, im 2010 bis heute genoss er eine erhöhte Aufmerksamkeit in diesem Blog. Dieser Herr hat sich mit seinen Prognosen im 2010 schon einige Mal richtig vertan. Dies hindert ihn aber nicht daran, auch für das 2011 wieder einen ähnlichen Anstieg des SMI zu prognostizieren wie im 2010.
Quelle: SF-Börse vom 3.01.2011 mit Panagiotis Spiliopoulos
Am 29.10.2010 prognostizierte er noch einen Anstieg des SMI von 5–7% bis Ende 2010. Er lag ziemlich daneben – der SMI verlor danach noch 0.5%. Dieser Herr scheint nach dem Prinzip zu leben: “Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern”.
Keine kritischen Fragen der Journalisten an die Analysten
Die Journalisten tragen eine Mitschuld an diesem Prognosenmist. Sie stellen keine kritische Frage zu den vergangenen Prognosen, folgende Fragen würde ich beispielsweise an die Adresse von Herrn Spiliopoulos richten:
- Warum wich Ihre 2010-Prognose bezüglich des SMI so weit von der Realität ab?
- Mit Ihren Aktienempfehlungen Adecco, Holcim und UBS haben Sie den Referenzindex SMI nicht geschlagen. Warum sollten wir im Jahre 2011 Ihrer Aktienempfehlung befolgen?
- Warum haben Sie die gute Entwicklung der schweizerischen Luxusgüter-Konzerne im 2010 nicht vorausgesehen?
- Warum haben Sie die Auswirkungen der Schuldenkrise in Europa so unterschätzt?
Ich bin mir sicher, dass die Fragen mit unterwarteten Ereignissen begründet würden. Stellt sich nun die Frage, ob sich der Zufall in der Zukunft besser vorhersehen lässt, wohlmöglich nicht.
Zweitklassige Journalisten nur Handlanger der Finanzdienstleister
Wahrscheinlich werden die Analysten von den Journalisten interviewt, die sonst nirgends eingesetzt werden können. Weder die Analysten noch die Journalisten fühlen sich der Wahrheit verpflichtet, andernfalls würden sie nicht Hand bieten für die Verbreitung von irreführenden Informationen. Die niedrigen Motive dieser Analysten und Journalisten ist uns für das Mitmachen in ihrem unfairen Börsenspiel zu gewinnen. Direkt oder indirekt sind sie bezahlte Animateure der Banken. Die Finanzdienstleister verdienen oder gewinnen Geld, indem sie uns Kommissionen abknöpfen und uns von ihren professionellen Spielern in ihren teilweise sehr intransparenten Spielen ausnehmen lassen.
Roger de Weck sollte SF-Börse vom Sender nehmen
Die Schweizer zahlen pro Haushalt einige hundert Franken Empfangsgebühren. Auch ich überweise diesen Betrag an die Billag. Seit anfangs 2011 ist Roger de Weck der neue SRG-Generaldirektor, seine Service-Public-Haltung ist die Aufklärung.
Eine SF-Börse betreibt mit ihren Prognosen keine Aufklärung an das zahlende Publikum. Es genügt vollumfänglich, wenn in der Tagesschau der SMI-Punktestand wiedergegeben wird. Niemand braucht die Prognosen und Kommentare von Analysten zur besten Sendezeit bei SF1. Roger de Weck sollte diese Sendung vom Sender nehmen oder wenigstens im SF1-Programm weit nach hinten schieben.
Impulse der NZZ Online eine positive Ausnahme
Des Öfteren besuche ich das Format Impulse der NZZ Online. In diesen Videointerviews können Speziallisten zu einem bestimmten Thema ihre Meinung äussern. Dort dauern die kürzesten Interviews schon länger als die gesamte Sendedauer von SF-Börse. Es wird nicht nur das Thema Börse behandelt und der Aktienkurs eines Einzeltitel ist eine Nebensächlichkeit.
Diese Plattform gibt den Ökonomen, Analysten, usw. die Möglichkeit, ein Sachlage dem Anlegern vereinfacht näher zu bringen. Durch die Vielfalt der Themen und der Mannigfaltigkeit der Experten, entsteht bei mir nicht der Eindruck, dass es sich wie bei der SF-Börse um eine Verkaufsveranstaltung der Finanzdienstleister handelt.
So informativ die Sendung Eco ist, so oberflächlich und irreführend ist SF-Börse.
Manchmal gibt es sehr vernünftige Aussagen von Ökonomen und Analysten
Es gibt auch Ökonomen oder Analysten, welche dieses Prognosemist unterlassen oder gar selbst infrage stellen.
Quelle: Cash vom 31.12.2010 mit Klaus Wellershoff
Fazit
Solange die Medien viel Aufwand und Zeit für die Verbreitung von Prognosemist aufwenden, müssen wir uns Kleinanleger um das Wissen und die hilfreichen Informationen selbst bemühen. Jedenfalls habe ich noch einige Themen für dieses Blog, wie beispielsweise:
- Rebalacing
- Vergleich Sektoren- oder Ländergewichtung
- Vergleich Large- Mid- und Smallcaps
- Unterschied Kapitalgewichteter‑, Gleichgewichteter- Fundamental-Indizes
Dies sind nur einige Themen, die dem Kleinanleger weit mehr Nutzen bringen als durch die Medien verbreiteten unbrauchbaren Jahresprognosen.