Vor über einem Jahr habe ich fol­gen­des Buch gelesen:

Narren des Zufalls, Nassim Nicholas Taleb, Wiley-CHF 2002
Fooled by Randomness: The Hidden Role of Chance in Life and in the Markets, 2001

Sicherlich muss ein Privatanleger dies Buch nicht unbe­dingt gele­sen haben, jedoch ver­mit­telt es eine etwas ande­re Sicht auf die Rolle des Zufalls.

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Im Folgenden wer­de ich eini­ge weni­ge Punkte aus die­sem 250-sei­ti­gen inter­es­san­ten Buch her­aus her­aus­pi­cken, die viel­leicht die ein­te oder ande­re Überlegungen wert sind.

Autor

Nassim Taleb ist ein oder war ein mathe­ma­tisch ori­en­tier­ter Börsenhändler der sich selbst in die­sem Buch als Krisenjäger bezeich­net. Diese Gruppe von Händler machen häu­fig klei­ne Verluste und sel­ten Gewinne, aber wenn, dann im gros­sen Stil. Daher hat Taleb eine star­ke Beziehung zu den Finanzmärkten und sei­ne Anekdoten in die­sem Buch bezie­hen sie mehr­heit­lich auf die Finanzmärkte und ihrer Protagonisten. 

Viele Anleger verwechseln oft ihre Fähigkeiten mit dem ihrem Glück

In die­sem Buch geht es um Glück, das sich als etwas ande­res (näm­lich als Geschick) tarnt und wahr­ge­nom­men wird, sowie auf all­ge­mei­ner Ebene um Zufälligkeiten, die sich nicht als sol­che zu erken­nen geben und für etwas ande­res (näm­lich für Bestimmung) gehal­ten werden.

Allgemein
Glück Fähigkeiten
Zufall Bestimmung
Wahrscheinlichkeiten Sicherheit
Glaube, Mutmassung Wissen, Gewissheit
Theorie Realität
Prognose Prophezeiung
Börsenanlagen
Glücklicher Narr Geschickter Investor
Survivor Bias Outperformance gegen­über dem Markt
Finanzwesen
Volatilität Ertrag (oder Defizit)
Stochastische Variable Deterministische Variable

Wie oft haben wir irr­tüm­li­cher­wei­se ange­nom­men, dass eine Strategie bril­lant sei oder jener Unternehmer ein Visionär oder die­ser Börsenhändler gar ein Genie? Im Nachhinein muss­ten wir erken­nen, dass 99.9% der bis­he­ri­gen Leistung die Folge des puren Zufalls waren. Bittet man bei­spiels­wei­se Investoren, die Gründe für ihren Erfolg zu schil­dern, wer­den sie tief­sin­ni­ge und über­zeu­gen­de Interpretationen ihrer Anlageergebnisse anbie­ten. Wir las­sen uns nur all­zu ger­ne von Situationen täu­schen, in denen Göttin Fortuna ihre Finger im Spiel hat. Was durch Glück gewon­nen wur­de, kann einem auch vom Pech wie­der genom­men werden.

Beispiel UBS

Gerade bei der UBS bestä­ti­gen sich die­se Aussagen, ich erin­ne­re an das ehe­ma­li­ge Führungsduo Marcel Ospel und Peter Wuffli. Die Herren wur­den lan­ge hoch­ge­ju­belt und sind danach tief gefal­len. Es spielt kei­ne Rolle, wie oft man erfolg­reich ist, wenn ein Scheitern uner­träg­lich teu­er ist. Auch wenn eine UBS bis ins Jahr 2006 ziem­lich “erfolg­reich” war, wäre sie ohne die immense Hilfeleistung der Schweizerischen Staates gescheitert. 

Russisches Roulette

Beim rus­si­schen Roulette wird in eine der 6 Kammern des Revolvers eine Kugel ein­ge­setzt und danach der Revolver an der Schläfe abge­drückt. Angenommen tau­send anony­me Narren wie­der­ho­len die­ses rus­si­sche Roulette jähr­lich und bekom­men bei ihrem Überleben CHF 10 Million. Nach 25 Jahren wer­den zir­ka 10 Narren dies über­lebt haben. Mit ihrem Vermögen von über CHF 250 Millionen kämen sie in der Bilanz der 300 reichs­ten Schweizer. Viele wür­den die­se Personen bewun­dern, nur weil sie deren Wohlstand sehen, nicht aber des­sen Entstehungsprozess. 

Überlebens Denkfehler (Survivorship Bias)

Unter Survivorship Bias ver­steht man die ein­ge­schränk­te Wahrnehmung der Gewinner, der Überlebenden. Die wird auf deren über­le­ge­ne Intelligenz und ihre bes­se­ren Fähigkeiten zurück­ge­führt. Die Verlierer gehen ver­ges­sen und die Gewinner ver­blei­ben im kol­lek­ti­ven Gedächtnis. 

Die Aussage, dass jemand in der Vergangenheit Gewinne erziel­te, ist für sich genom­men weder aus­sa­ge­kräf­tig noch rele­vant. Wie müs­sen wis­sen, wie gross die Gruppe war, aus der er her­vor­ging. Anders aus­ge­drückt: Wenn wir kei­ne Informationen dar­über haben, wie vie­le Manager es ver­such­ten und schei­ter­ten, sind wir nicht in der Lage, die Gültigkeit einer Erfolgsbilanz zu beurteilen. 

Laufende Kursbeobachtungen macht unglücklich

Angenommen sie haben ein Wertpapier mit einer erwar­te­ten Rendite von 15% und einer Volatilität von 10%. Wenn die Rendite nor­mal­ver­teilt ist, dann beträgt die Wahrscheinlichkeit eines Jahresgewinnes 93%. Die Wahrscheinlichkeit eines Gewinnes auf eine Sekunde her­un­ter­ge­rech­net beträgt nur noch 50.02%.

Zeithorizont Wahrscheinlichkeit eines Gewinnes
1 Jahr 93%
1 Quartal 77%
1 Monat 67%
1 Tag 54%
1 Stunde 51.3%
1 Minute 50.17%
1 Sekunde 50.02%

Angenommen der Kurse wird minüt­lich beob­ach­tet, so erhält der Anleger in einem Jahr 60’688 posi­ti­ve Minuten und 60’271 nega­ti­ve Minuten. Wird der Kurs monat­lich beob­ach­tet, so redu­zie­ren sich die Enttäuschungen auf 4 Monate. Bei einem jähr­li­chen Auszug müss­te er nur ein­mal in 15 Jahren eine unan­ge­neh­me Überraschung ent­ge­gen nehmen. 

Um den emo­tio­na­len Schmerz aus­zu­glei­chen, muss einem Verlust durch­schnitt­lich ein 2.5‑mal höhe­rer Gewinn gegen­über­ste­hen. Die Auseinandersetzung mit nega­ti­ven Renditen belas­tet emo­tio­nal erheb­lich mehr als Gewinne Freude berei­ten, somit macht sich der Anleger mit der stän­di­gen Überprüfung der Kursentwicklung nur unglücklich.

Seltenes Ereignis

Eines Tages bekom­men Sie von Ihrem Hedge-Fonds einen Brief, der mit fol­gen­den Worten beginnt: “Ein unvor­her­ge­se­he­nes und uner­war­te­tes Ereignis, das nur sel­ten vor­kommt…”. Bis zu die­sem Brief wies der Fonds eine sta­bi­le Rendite mit einer gerin­gen Volatilität aus. Seltene Ereignisse sind immer uner­war­tet, sonst wür­den sie ja gar nicht statt­fin­den. Im Allgemeinen wer­den sie von einer Panik her­vor­ge­ru­fen, die ihrer­seits das Ergebnis einer Liquidation ist — die Anleger stos­sen so schnell wie mög­lich alles ab, was ihnen in die Finger kommt. 

Würden die­se vom Fondsmanager oder Händler erwar­tet, hät­ten er und sei­ne gleich gesinn­ten Kollegen über­haupt nicht in die­ses Anlageinstrument inves­tiert und das sel­te­ne Ereignis wäre ausgeblieben.

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