Privatinvestor ein beliebtes Opfer der Finanzindustrie

Privatinvestoren haben im Allgemeinen weni­ger gute Informationen und weni­ger Fachkenntnis als pro­fes­sio­nel­len Mitspieler wie insti­tu­tio­nel­le Investoren, Hedgefonds usw.. Es kommt nicht von unge­fähr, das neu­tra­le Berater, dem Privatinvestoren ein aus­ge­wo­ge­nes Portfolio zusam­men­stel­len und die Anzahl der Transaktionen mög­lichst nied­rig hal­ten. Ein Kaufen und Halten mit einer regel­mäs­si­gen Neujustierung der Asset-Klassen ist für die­se Anlegergruppe wahr­schein­lich noch immer die erfolg­reichs­te Strategie. Unglücklicherweise ver­su­chen noch immer vie­le Privatanleger die Gewinneraktien zu iden­ti­fi­zie­ren und ver­kau­fen ver­meint­li­che Verlierer. Diese kon­tra­pro­duk­ti­ve Aktivität mag die Finanzindustrie und gewis­se pro­fes­sio­nel­le Gegenparteien erfreu­en, führt aber letzt­end­lich zu einer tie­fen risi­ko­ge­wich­te­ten Rendite (Sharpe-Ratio).

Sell-Side Analysten

Die so genann­ten Sell-Side-Analysten wer­den oft­mals aus den Umsätzen des Wertpapiergeschäftes einer Bank bezahlt. Normalerweise reagie­ren Kleinanleger auf die ein­fa­chen Empfehlungen wie Kaufen, Halten und Verkaufen, wäh­rend die insti­tu­tio­nel­len Anleger mit auf­wän­di­gen Berichten ver­sorgt wer­den. Gemäss der Studie “DO SECURITY ANALYSTS SPEAK IN TWO TONGUES?” von Ulrike Malmendier und Devin Shanthikunar rich­ten die pro­fes­sio­nel­len Anleger ihre Aufmerksamkeit mehr auf die Gewinnprognosen. Des Weiteren zeigt die Studie auch, dass die pro­fes­sio­nel­len Investoren mit weni­ger über­trie­be­nen Aussagen für das jewei­li­ge ana­ly­sier­te Unternehmen ver­sorgt wer­den als der Kleinanleger.

Langeweile an den Märkten drückt die Gewinne der Finanzindustrie

Schon am Letzten des vor­he­ri­gen Monates habe ich mich über einen Analysten der Finanzwirtschaft nega­tiv geäus­sert. Scheinbar haben die­se Sell-Side Analysten von ihren Arbeitgebern den Auftrag erhal­ten, uns Kleinanleger zu mehr Aktivität zu moti­vie­ren. Verzeichnen doch vie­le Banken tie­fe­re Gewinne aus dem Kommissionsgeschäft im Wertpapierhandel. Beispielsweise sank die Zahl der Transaktionen pro Kunde und pro Jahr bei der Swissquote auf rund 10. Dies ist der tiefs­te Stand seit 2003. Der Swissquote-Chef Marc Bürki begrün­de­te dies mit der “Langweile an den Märkten”. Da erstaunt es nicht, dass vie­le Analysten stei­gen­de Aktienkurse prognostizieren.

Einige Aussagen von Analysten bzw. Ökonomen

Im Folgenden wer­de ich drei Ausschnitte von Interviews kom­men­tie­ren. Nur Herrn Ladner vom Cash, wür­de ich nied­ri­ge Motive eines Sell-Side Analysten unter­stel­len. Den bei­den ande­ren Herren soll­ten tun­lichst gewis­se Aussagen in ihren län­ge­ren Interviews meiden.
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In der Vergangenheit gab es immer wie­der über­kauf­te Märkte, in wel­chen sich die Marktpreise im Immobilien‑, Rohstoff- oder Börsenbereich völ­lig von der rea­len wirt­schaft­li­chen Entwicklung abge­kop­pelt hat­ten. Die aktu­el­le US-Hypothekenkrise oder die New Economy-Bubble nach und um die Jahrtausendwende sind nur zwei bespie­le von Spekulationsblasen.

Scheinbar han­deln vie­le Marktteilnehmer auf Grund psy­chi­scher Beschränkungen nicht immer ratio­nal, andern­falls wären wohl eini­ge Preisblasen in der Vergangenheit nicht entstanden.

Die Effizienzthese nach dem der Marktpreise alle ver­füg­ba­ren Informationen kor­rekt und sofort wider­spie­gelt steht nicht grund­sätz­lich im Widerspruch zu Spekulationsblasen. Es gibt Märkte, die auf Grund der man­geln­den Informationseffizient eher prä­de­sti­niert für Preisblasen sind. Treten aber bei Standardaktien von inter­na­tio­na­len Unternehmen Preisabweichungen auf, die sich nicht mehr durch fun­da­men­ta­le Bewertungsfaktoren erklä­ren las­sen, so kann die Theorie der effi­zi­en­ten Märkte infra­ge gestellt werden.

Was ist Behavioral Finance?

Bei die­sem Forschungsansatz geht es um die mensch­li­chen Verhaltensweisen in wirt­schaft­li­chen Situationen. Im Rahmen von Behavioral Finance wer­den sozia­le, kogni­ti­ve und wirt­schaft­li­che Verhaltenstendenzen und deren Auswirkungen auf den wirt­schaft­li­chen Entscheidungsprozess untersucht.
In der Folge erwäh­ne ich nur eini­ge Beispiele der Verhaltenstendenzen aus der Palette der Behavioral Finance.

Erkenntnisdefizite

  • Selektive Wahrnehmung (con­fir­ma­ti­on bias): Es wird die Informationen wahr­ge­nom­men, die der eige­nen Vorstellung und Meinung ent­spre­chen. Informationen die nicht im Einklang mir unse­rer Meinung sind, wer­den verdrängt.
  • Adaption von Gruppen- bzw. Autoritätsmeinungen: Ein Übermass an Vertrauen in die Unverwundbarkeit einer Gruppe oder die Unfehlbarkeit eines Meinungsführers, kann dazu füh­ren das auch Meinungen gegen die eige­ne Überzeugung adap­tiert wer­den. Hat sich die Meinung der Gruppe bzw. der Autorität als falsch erwie­sen, kann man sich auf den Fehler der Gruppe bzw. des Experten berufen.

Bewertungsprobleme

  • Mental Accounting: Zusammenhängende Sachverhalte wer­den bewusst oder unbe­wusst in Konten ein­ge­ord­net. Dadurch ver­su­chen wir die Komplexität des Sachverhaltes zu redu­zie­ren, dabei ent­steht die Gefahr einer mög­li­chen Fehlallokation. Wir ver­zich­ten auf gute Geldanlage und inves­tie­ren in schlech­te Geldanlagen.

Entscheidungsanomalien

  • Dispositionseffekt: Verluste füh­ren zu stär­ke­rem nega­ti­ven Empfinden als Gewinne zu posi­ti­ven Gefühlen führt. In der Folge wer­den Gewinne oft­mals zu früh rea­li­siert und Verluste ausgesessen. 
  • Selbstüberschätzung: Einzelinvestoren ten­die­ren dazu, ihre Fähigkeiten zu über­schät­zen und zu glau­ben, bes­ser als der Durchschnitt zu sein. Durch mehr­ma­li­ge (zufäl­li­ge) Erfolge wird die Selbstüberschätzung noch verstärkt.
  • Anker- und Anpassungsheuristik (ancho­ring and adjus­t­ment): Die Anpassung an neue Informationen erfolgt nur noch unge­nü­gend. Die ursprüng­li­che Verankerung hat höhe­re Priorität als neue Informationen, damit erhält die aktu­el­le Einschätzung sys­te­ma­ti­sche Verzerrungen.

Was nützten mir die Erkenntnisse von Behavioral Finance?

  • Ich kann ratio­na­ler wer­den, wenn ich mir mei­ner Emotionen bewusst bin.
  • Wenn ich bei­spiels­wei­se klar mache, dass mich wahr­schein­lich nur der Dispositionseffekt am Verliererwertpapier fest­hält, kann ich die­ses verkaufen.

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