In der Vergangenheit gab es immer wieder überkaufte Märkte, in welchen sich die Marktpreise im Immobilien‑, Rohstoff- oder Börsenbereich völlig von der realen wirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt hatten. Die aktuelle US-Hypothekenkrise oder die New Economy-Bubble nach und um die Jahrtausendwende sind nur zwei bespiele von Spekulationsblasen.
Scheinbar handeln viele Marktteilnehmer auf Grund psychischer Beschränkungen nicht immer rational, andernfalls wären wohl einige Preisblasen in der Vergangenheit nicht entstanden.
Die Effizienzthese nach dem der Marktpreise alle verfügbaren Informationen korrekt und sofort widerspiegelt steht nicht grundsätzlich im Widerspruch zu Spekulationsblasen. Es gibt Märkte, die auf Grund der mangelnden Informationseffizient eher prädestiniert für Preisblasen sind. Treten aber bei Standardaktien von internationalen Unternehmen Preisabweichungen auf, die sich nicht mehr durch fundamentale Bewertungsfaktoren erklären lassen, so kann die Theorie der effizienten Märkte infrage gestellt werden.
Was ist Behavioral Finance?
Bei diesem Forschungsansatz geht es um die menschlichen Verhaltensweisen in wirtschaftlichen Situationen. Im Rahmen von Behavioral Finance werden soziale, kognitive und wirtschaftliche Verhaltenstendenzen und deren Auswirkungen auf den wirtschaftlichen Entscheidungsprozess untersucht.
In der Folge erwähne ich nur einige Beispiele der Verhaltenstendenzen aus der Palette der Behavioral Finance.
Erkenntnisdefizite
- Selektive Wahrnehmung (confirmation bias): Es wird die Informationen wahrgenommen, die der eigenen Vorstellung und Meinung entsprechen. Informationen die nicht im Einklang mir unserer Meinung sind, werden verdrängt.
- Adaption von Gruppen- bzw. Autoritätsmeinungen: Ein Übermass an Vertrauen in die Unverwundbarkeit einer Gruppe oder die Unfehlbarkeit eines Meinungsführers, kann dazu führen das auch Meinungen gegen die eigene Überzeugung adaptiert werden. Hat sich die Meinung der Gruppe bzw. der Autorität als falsch erwiesen, kann man sich auf den Fehler der Gruppe bzw. des Experten berufen.
Bewertungsprobleme
- Mental Accounting: Zusammenhängende Sachverhalte werden bewusst oder unbewusst in Konten eingeordnet. Dadurch versuchen wir die Komplexität des Sachverhaltes zu reduzieren, dabei entsteht die Gefahr einer möglichen Fehlallokation. Wir verzichten auf gute Geldanlage und investieren in schlechte Geldanlagen.
Entscheidungsanomalien
- Dispositionseffekt: Verluste führen zu stärkerem negativen Empfinden als Gewinne zu positiven Gefühlen führt. In der Folge werden Gewinne oftmals zu früh realisiert und Verluste ausgesessen.
- Selbstüberschätzung: Einzelinvestoren tendieren dazu, ihre Fähigkeiten zu überschätzen und zu glauben, besser als der Durchschnitt zu sein. Durch mehrmalige (zufällige) Erfolge wird die Selbstüberschätzung noch verstärkt.
- Anker- und Anpassungsheuristik (anchoring and adjustment): Die Anpassung an neue Informationen erfolgt nur noch ungenügend. Die ursprüngliche Verankerung hat höhere Priorität als neue Informationen, damit erhält die aktuelle Einschätzung systematische Verzerrungen.
Was nützten mir die Erkenntnisse von Behavioral Finance?
- Ich kann rationaler werden, wenn ich mir meiner Emotionen bewusst bin.
- Wenn ich beispielsweise klar mache, dass mich wahrscheinlich nur der Dispositionseffekt am Verliererwertpapier festhält, kann ich dieses verkaufen.