Wahrscheinlich nicht; aber die definitive Antwort auf die Frage weiss nur die Zukunft. Aber vielleicht müssen wir zuerst definieren, was ein Baisse, Börsencrash, und eine Kurskorrektur ist:
- Baisse: Massiver Rückgang der Börsenkurse über einen längeren Zeitraum.
- Börsencrash: Ein massiver Rückgang der Börsenkurse innerhalb einer kurzen Zeitspanne.
- Kurskorrektur: Leichter Rückgang der Börsenkurse über eine kurze Zeitspanne.
Ich glaube heute herrscht viel Unsicherheit in den Finanzmärkten, weil die Finanzinstitute es nicht schaffen glaubwürdig zu kommunizieren. Die meisten Banken sehen im Geschehn eine vorübergehende Übertreibung, was auch so kommuniziert wird, anderseits trauen sie sich gegenseitig nicht mehr und lassen die Sätze am Geldmarkt in die Höhe schiessen. Dem System drohen schon einige Gefahren, wenn mit Hunderten von Milliarden US-Dollar Fremdkapital spekuliert wird, die seinerseits den Kapitalgeber in Probleme bringen, was bei einem Netz von Verbindlichkeiten zu einer Kettenreaktion führen kann. Wären die Kreditrisiken nicht so breit gestreut, so würden die Kreditgeber/Banken sofort im Hypothekengeschäft gefunden und die Situation könnte bereinigt werden. Für den Privatanleger besteht die Schwierigkeit im Verstehen der Finanzprodukte-Vielfalt, durch die Beimischung von Finanzderivaten zu Aktien oder Anleihen entstanden neue nicht immer leicht durchschaubare Produkte. Die in die Schlagzeile geratenen asset-backed security (ABS) sind auch Konstruktionen, die nicht einfach zu verstehen ist, siehe Wikipedia.
Ich halte nicht viel von denn angeblichen Börsenkennern, die sich dauernd von einem Bärenmarkt verfolgt fühlen. Ich würde mein Vermögen lieber einem Optimisten wie Ken Fisher als den Pessimisten wie Uwe Lang oder Marc Farber anvertrauen. Mein Börsenhandel beschränkt sich auf die Produkte, die ich verstehe. Wer das Gefühl hat, der Crash stehe vor der Tür empfehle ich folgendes Buch:
Der Crash kommt, Max Otte
Das Buch versucht im Teil I zu begründen, warum die Krise kommt und im Teil II wie man sich auf sie vorbereitet. In diesem Buch geht es nicht um einen Börsencrash oder geografisch lokale Wirtschaftskrise, sondern um eine Weltwirtschaftskrise die im Zeitraum 2007 – 2010 ihren Anfang nehmen soll. Gemäss dem Autor sind wir schon fast ein Vierteljahrhundert in einem halbwegs stabilen Aufschwung, und die zukünftige Krise wird sich in ihrem Ausmass mit der Weltwirtschaftskrise von 1929 messen können.
Im „Das wandernde Zentrum“ sieht Herr Otte die ökonomische Vorherrschaft der USA nach Asien abwandern und damit auch den Abstieg Europas. Eine weitere Gefahr droht der Leitwährung Dollar, welche von vielen Notenbanken bisher gestützt wurde. Noch wird der Dollar von Europa und Asien als Fiktion der Weltreservewährung aufrecht erhalten, aber wenn schon nur ein Teil dieses Dollars auf den Markt geworfen würde, wären die negativen Folgen auf den Handel und die Weltproduktion immens.
Im „Das Imperium der Schulden“ geht es um die zunehmende Verschuldung der USA, in den Bereichen Staat, im Ausland und bei den privaten Haushalten. Ein grosser Teil des Inhaltes widmet sich dem explodieren der Hypothekenschulden der US-Haushalte. Der Median der Häuserpreise in den USA stieg von 2002 bis 2005 von 158′300 auf 208′500 Dollar, wobei der American Dream, dem Besitz eines Hauses, sich immer mehr Privathaushalte durch Verschuldung erfüllen wollten. Mit der Auslandsverschuldung steht es nicht besser, das Defizit der US-Leistungsbilanz lag bei 7% des Inlandsproduktes.
In „Finanzderivate und der Verfall der Wirtschaftssitten“ erfährt der Leser, dass seit den achtziger Jahren immer mehr Hypotheken- und Konsumkredite als Anleihe gebündelt und an die potenziellen Investoren gebracht wurden. Dadurch wurden die Banken entlastet, einen bestimmten Prozentsatz als Kapitalreserve zu halten. Durch einen geschickten Prozess der Verbriefung erhalten mittelmässige Kredite sogar AAA-Ratings. Ein anderes Thema sind die Optionen- und Terminkontrakte mit denen Banken, Hedge Fonds und andere, rissige Spekulationsrisiken eingehen.
Beim „Verfall der Wirtschaftssitten“ geht es um die Gier der Manager bezüglich ihres Jahresgehaltes und den Betrug durch Konzerne.
In „Dollarschwemme und das Versagen der Notenbank“ geht es um die Manipulation mit der Papierwährung.
In „Japan und das Gespenst der Deflation“ erfährt der Leser das Japan seit 1993 mit einigen Unterbrüchen in eine Depression befindet. Trotz der Eingriffe der japanischen Notenbank mit Zinssenkungen und den Investitionen des Staates in Infrastrukturprogramme, verharrte das Land in einer Wachstumsrezession.
In „Europa in der Wirtschaftskrise“ prognostiziert der Autor das Ende des Stabilitätspaktes und damit des Euros. Gemäss dem Autor sind viele europäische Staaten auf dem Weg in den Steuer- und Schuldenstaat. Teil I wird mit einer Tabelle der Krisenszenarien und ihren Folgen abgeschlossen.
Teil II präsentiert ein 7‑Punkte-Programm zur Vorbereitung der Krise. Die kommende Krise wird hauptsächlich deflationärer mit Wechselweisen inflationären Schüben kommen.
Bemerkenswert, bei Punkt 3 „Suchen Sie sichere Banken und Länder“ wird die Schweiz als Zufluchtsort gepriesen.
In „Kapitalanlagen für die Krisen“ werden Portfolios mit den Asset-Klassen für eine „normale“ und „grosse“ Krise definiert. Mit einem Goldanteil von 25% bzw. 35% des Portfolioanteils, wird dieser Rohstoff als besonders krisensicher empfohlen. Mit der Warren Buffett Strategie werden die Aktien ausgewählt die 30% bzw. 20% des Portfolios ausmachen.
Fazit
Bei dem übertriebenen Optimismus der Finanzindustrie ist es sicherlich eine gute Idee, auch einmal eine solche Lektüre zu lesen. Die im Buch benannte US-Hypothekenkrise ist zurzeit aktuell und in der Zwischenzeit haben viele Anleger bemerkt, dass die Hypothekenkredite als Anleihen verbrieft wurden. Dieses Buch ist eine Ansammlung von negativen Punkten am weltweiten Wirtschaftssystem, wobei der Fokus stark auf der Finanzindustrie liegt. Beim Lesen des Teils I entsteht beim Leser möglicherweise durch das addieren des negativen eine zu düstere Sicht, wobei diese in der Tabelle Krisenszenarien und dem Teil II durch die Anlagestrategie wieder relativiert wird. Der Teil II enthält noch ein bisschen Eigenwerbung, was dem sonst seriösen Buch nicht sehr gut bekommt. Dieses Buch enthält sehr viele Fakten, die mit einer bestimmten Perspektive serviert werden. Das Buch liest sich gut und die Auseinandersetzung mit einer anderen Perspektive auf die Finanzmärkte und Volkswirtschaft ist jedem Anleger zu empfehlen.
Ich persönlich glaube, dass durch die vielen Schuldenkrisen, Aktiencrashs, Kollaps von Hedge-Fonds usw. das System fähig wurde, schnell und meistens richtig auf eine von der die Finanzindustrie ausgelöste Krise zu reagieren. Zudem steht die Wirtschaft immer im Zentrum, fast alles wird ihr untergeordnet auch das politische Handeln, daher sehe ich Krieg, Umweltprobleme, Ressourcenknappheit oder einer weltweite Pandemie eher als Auslöser einer Weltwirtschaftskrise.