Ich finde laufzeitbegrenzte Börsenspiele nicht sehr hilfreich, sie werden oft für die Akquisition missbraucht. Kurzzeitig laufende Spiele verführen die möglichen Börsenneulinge zu vielen riskanten Transaktionen. Der Spruch: Hin und her macht die Taschen leer, hat schon seine Berechtigung. Wer seriös an der Börse investiert, hat hoffentlich einen längeren Zeithorizont als nur einen Monat oder ein Jahr.
Zudem sind virtuelle Verluste niemals mit realen Verlusten vergleichbar. Gemäss Untersuchungen schmerzt ein Verlust von 1000 Franken ungefähr zweieinhalb Mal so sehr, wie ein Gewinn von 1000 Franken glücklich stimmt. Ich bin der Meinung, wer nur Aktien oder Anleihen handelt und das nötige Geld zur freien Verfügung hat, braucht keinen Übungsraum. Er kann sofort mit kleinen Transaktionen an der realen Börse investieren.
Was mir am folgenden Spiel missfällt, sind die kurze Laufzeit und die Verwendung der Eigenschaft „persönliches Talent“. Ab dem 1.10.2007 startet die NEUE AARGAUER BANK ein auf einen Monat begrenztes Börsenspiel. In der Ankündigung dieses Spieles steht:
Laufzeit
Die Laufzeit von nur einem Monat, gebunden an einen Wettbewerb macht die Angelegenheit noch viel unheilvoller. Jeder seriöse Anlagerberater empfiehlt die Investitionen in Wertpapieren nur bei einem längeren Zeithorizont. Ich frage mich ob die Initiatoren die Bedeutung von Mean Reversion Effekt kennen, d.h. das langfristig die Kurse dem arithmetischen Mittel zustreben. Dieser Effekt verstärkt sich mit zunehmender Laufzeit und vermindert somit die Zufälligkeit.
Persönliches Talent
In einer solchen kurzen Laufzeit ist sicher nicht das Talent des Spielers entscheidend für eine mögliche überdurchschnittliche Rendite, sondern vielmehr ob der Spieler den Zufall zu seinem Freund oder Feind hat. Zudem wird der Teilnehmer wahrscheinlich das Risiko und die Diversifikation untergeordnet behandeln, schlussendlich zählt nur die erzielte Rendite. In der realen Welt gehört das Erstellen eines persönlichen Risikoprofils zu den wichtigsten Parts eines Anlageprozesses.
Angenommen ein Spieler wird zum Outperformer während dieses Monates, er wird wahrscheinlich dies seinen besonderen Fähigkeiten (die vermutlich nicht hat) zuschreiben und nicht seinem Freund, dem glücklichen Zufall. Bestärkt durch ein grosses Selbstbewusstsein, wird er nun die gleiche Strategie mit einem realen Depot umsetzen. Vielleicht steht ihm der glückliche Zufall jetzt nicht mehr bei und das Talent mutiert sehr schnell zum Underperformer mit erheblichen Verlusten und den entsprechenden Schmerzen. Der Mensch rechnet seine Erfolge eher seinen eigenen Fähigkeiten zu, als den äusseren Einflüssen, während die Misserfolge anderer Faktoren zugeschrieben werden. Dadurch wird der genannte Fall der Kontrollillusion des Öfteren mit allen seinen Konsequenzen eintreten.
Eine seriöse Bank sollte seine zukünftigen Börsenneulinge nicht mit solchen Spielen verführen. Es gibt aber auch Börsenspiele ohne Zeitbegrenzung und Gewinnwettbewerbe, gegen diese habe ich grundsätzlich nur einen geringen Einwand. Voraussetzt, der Spieler erkennt den Unterschied zwischen einer Börsensimulation und der Realität.
Es gibt aber noch einen zusätzlichen Einwand: Der beste Einstiegszeitpunkt in den Markt ist auf Grund des Zinseszinseffektes immer „jetzt“. Je früher jemand in ein Wertpapierdepot investiert, desto mehr wird es von diesem Effekt profitieren. Darum kann eine längere Abwesenheit vom Markt und dem Herumspielen mit Börsensimulatoren der langfristigen Gesamtperformance abträglich sein. Langfristig weisen die Aktienmärkte eine positive reale Rendite auf und steigen durchschnittlich, beispielsweise beim DAX rund 0.052%.