Noch vor dem ersten Handelstag im 2011 betrachten wir kurz die letztjährigen Jahresprognosen der Aktienprofis. Obwohl diese Jahresprognosen und die reale Kursentwicklung für die schweizerischen Aktienwerte sehr stark auseinanderdividieren, bleiben die Finanzdienstleister unbelehrbar, sie werden ihren Prognosenmüll auch für das 2011 von sich geben.
Die Performance des SMI wurde für das 2010 zu hoch prognostiziert
Der SMI beendet das Jahr 2010 mit einem Punktestand von 6436.04 und verliert damit in diesem Jahr 1.68%. Die Profis hatten alle einen Kursanstieg für den SMI vorausgesagt.
Quelle: SF-Börse vom 4.01.2010
Eine Investition der im Video erwähnten 3 Aktientitel brachte einen Jahresverlust von 3.08% und liegt damit klar schlechter als ihr Referenzindex SMI mit einer negativen Rendite von 1.68%. Noch Ende Oktober prognostizierte Herr Spiliopoulos einen Kursanstieg für den SMI von 5–7%, siehe “Gemeinsamkeiten von Mike Shiva und Panagiotis Spiliopoulos”. Am 29.10.2010 lag der Punktestand des SMI bei 6472.23, das 2010 beendete der SMI mehr als 0.5% darunter, wo blieb der angekündigte Anstieg von 5–7%. Dieser Herr verbreitet die gleiche Scharlatanerie wie ein Mike Shiva, hoffentlich nimmt dies sein Arbeitgeber auch zur Kenntnis.
Einige bekannte Finanzinstitute prognostizierte Ende 2009 für das 2010 einen durchschnittlichen Kursanstieg des SMI von 5.5%, siehe “Prognosen der Börsenprofis und meine für 2010″ für weitere Prognosen.
Finanzinstitute | Prognose SMI-Punktestand Ende 2010 | SMI um wieviel Prozent überschätzt | Empfehlung Top-Aktien SMI (mit Jahresrendite) | Jahresrendite, wenn 100% in die empfohlenen Aktien investiert |
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Clariden Leu | 7250 | 12.65% | ABB (4.46%), Nestlé (9.06%), Syngenta (-5.92%) | 2.53% |
Credit Suisse | 7000 | 8.76% | Nestlé (9.06%), Swiss Life (2.42%), Syngenta (-5.92%) | 1.85% |
Julius Bär | 6750 | 4.88% | Nestlé (9.06%, Roche (-22.07%), Syngenta (-5.92%) | -6.31% |
Sarasin | 6600 | 2.55% | Roche (-22.07%), ZFS (6.93%) | -7.57% |
UBS | k.A. | ABB (4.46%), Nestlé (9.06%), Syngenta (-5.92%) | 2.53% | |
Vontobel | 6950 | 7.99% | Adecco (7.36%), Holcim (-12.24%), UBS (-4.36%) | -3.08% |
Zürcher Kantonalbank | über 7000 | >8.76% | Novartis (-2.74%), Roche(-22.07%), Syngenta (-5.92%) | -10.24% |
Nur 3 der 7 Aktienempfehlungen hätten besser performt als ihr Referenzindex SMI.
Für 2010 hatte die Mehrheit der Analysten defensive Pharmatitel wie Roche und Novartis sowie den Nahrungsmittelhersteller Nestlé empfohlen. Bis auf Nestlé wurden diese Unternehmen den Renditeerwartungen nicht gerecht. Der meistgenannte Favorit der Experten, der Pflanzenschutz- und Saatgutkonzern Syngenta, befindet sich im letzten Drittel des SMI.
Syngenta, der Favorit der Analysten enttäuschte
Viele Aktienprofis empfahlen die Syngenta, letztendlich eine völlige Fehleinschätzung. Bei der Betrachtung des folgenden Kurscharts erstaunt die positive Einschätzung Ende 2009 für die Syngenta nicht:
Obwohl die meisten Analysten ihre Prognose mit fundamentalen Daten begründen, schreiben sie oftmals nur den Trend eines vorhergehenden mehrmonatigen Kursanstieges fort. Der Kleinanleger kauft auf Grund solcher Empfehlungen oft zu spät und wird mit dem Abwärtstrend konfrontiert. Die hier als Beispiel aufgeführte Aktienempfehlung einer Syngenta Ende 2009 ist nicht die Ausnahme, sondern eher die Regel einer „verspäteten“ Aktienempfehlung.
Die 2010-Gewinner des SMI hatten die Profis nicht auf ihrem Radar
Die beiden Gewinner Richemont SA (58.36%) und Swatch Group AG (59.14%) des SMI hatten die Aktienprofis nicht auf ihrem Radar. Die Aktien der Luxusgüter-Konzerne hatten einen kontinuierlichen Kursanstieg mit wenigen Rückschlägen über das gesamte Jahr.
Martin Neff, Chefökonom der Credit Suisse ein guter Kontraindikator
Die Prognosen von Martin Neff finde ich immer wieder interessant, des Öfteren liegen seine Prognosen so kläglich daneben, dass es sich lohnt, in das zu investieren, was er nicht empfiehlt bzw. nicht in das zu investieren, was er empfiehlt.
Noch im Oktober 2008 prognostizierte er ein 1% BIP-Wachstum für das 2009 der Schweiz. In der Realität fiel die Schweiz in eine Rezession mit einem negativen Wachstum von 1.9%, siehe “Börsenrückblick 2009 und mein Portfolio”.
Quelle: Cash-Talk vom 5.10.2008
Zu seiner Entschuldigung muss angemerkt werden, dass zu diesem Zeitpunkt fast ausnahmslos alle Konjunkturprognosen völlig falsch waren.
Seine Prognose für das 2010 finde ich sehr speziell:
Quelle: SF-Börse vom 8.01.2010
Mit seiner Warnung vor der Spekulation in Rohstoffen und besonders in die Industriemetalle lag er völlig daneben. Seine Empfehlung für die Titel der Gesundheitsbranche und Medizinaltechnik war ein Gehen mit Verlierern. Nur die Nahrungsmittelindustrie brachte positive Renditen.
Mögliche Eurokrise wurde nicht vorhergesagt
Ich benutzte das Wort Eurokrise nur ungern, ich glaube die Probleme des Euro werden durch konzeptlose europäische Politiker, den Finanzmärkten und den Medien hochstilisiert.
Noch Ende 2009 oder Anfangs 2010 wurde von Ökonom bzw. Analyst die möglichen Haushaltsdefizite in den Euro-Staaten nicht als problematisch eingeschätzt. Dass sich Irland mit der Rettung ihres maroden Bankensystem zum zweiten Pleitekandidat in der EU-Zone qualifiziert, wurde damals von den bekannten schweizerischen Aktienexperten nicht erkannt.
Die Politik ist die Hauptschuldige bei der Eurokrise
Letztendlich sind die Politiker und deren Staatsapparate die Hauptverantwortlichen der Eurokrise. Es gibt mehrere Gründe für die Probleme des Euros. Im Folgenden vereinfache ich dieses Thema auf zwei Hauptgründe, verursacht durch die Politik der einzelnen Länder.
Grund 1: Mängel bei den Spielregeln und deren Einhaltung
Die Legislative erlässt die Spielregeln und die Exekutive mit ihren staatlichen Behörden sind für deren Einhaltung verantwortlich.
- Wenn beispielsweise ein Irland seine Banken zu lasch reguliert bzw. überwacht, dann muss deren politische Elite zur Verantwortung gezogen werden können.
- Wenn Griechenland seine Staatsbilanz fälscht, dann müssen die Täter dieses Staatsapparates gebüsst werden.
Es gäbe noch viele Beispiele für die Fortsetzung dieser Liste. Letztlich können schlechte Regeln wie nicht eingehaltene gute Regeln zu einem Desaster führen.
Grund 2: Aussenhandelsüberschuss und Aussenhandelsdefizit
Eine Volksmeinung über ein anderes Volk ist oftmals falsch oder bei Weitem übertrieben. Beispielsweise der fleissige Deutsche und der faule Grieche und somit trägt der Grieche für alles Unheil die Schuld. Die Realität ist oft komplizierter wie auch das Thema Aussenhandelsüberschuss und Aussenhandelsdefizit.
Viele Deutsche glauben ein andauernder Aussenhandelsüberschuss sei ein erstrebenswertes Ziel. Und die Mittelmeerstaaten sollten es ihnen gleich tun, dabei vergessen sie, dass der Überschuss des einen, das Defizit des anderen sein muss. Damit exportieren die Deutschen ihre Ersparnisse in die Länder mit Aussenhandelsdefizit gegenüber Deutschland. Deutschland sollte besser in ihre Binnenkonjunktur investieren und die Löhne erhöhen. Natürlich können sie weiterhin Waren und Dienstleistungen als Gläubiger in Ausland exportieren, es fragt sich nur, ob die Importländer bzw. Schuldner jemals ihren Verpflichtungen nachkommen.
Wenn ich im deutschen Fernsehen eine Umfrage wie beispielsweise, „Wollt ihr die DM zurück“ mitverfolge, dann beschleicht mich das Gefühl, dass dem einfachen deutschen Volk die grundlegenden volkswirtschaftlichen Mechanismen völlig unbekannt sind. Es wäre an der Zeit, dass die deutsche Politik ihren Bürgern endlich die Konsequenzen ihrer Wirtschaftspolitik erklären würde.
Devisen sind ein lukratives Spiel für die Spekulanten
Die Spekulanten an den Finanzmärkten lieben „Übertreibungen“, damit können sie sehr viel Geld gewinnen. Dabei hilft ihnen die dauernde negative Berichterstattung beispielsweise über die Staatsdefizite oder den Euro durch die Medien, diese sehen schon den Bankrott einzelner Staaten oder gar den Untergang des Euro. Auch die öffentlich zur Schau gestellte Uneinigkeit der Politiker der einzelnen Euro-Länder ist geradezu ein Segen für die Spekulanten.
Natürlich spielen die Banken und Hedgefonds bei der Währungsspekulation eine gewichtige Rolle. Es ist naiv zu glauben, das zurzeit die Kursverhältnisse im Devisenhandel alleine durch den „funktionierenden“ Markt zu Stande kommt.
Spekulanten arbeiten mit den Ängsten der anderen Marktteilnehmer
Die Spekulanten verstärken einen Trend und arbeiten mit der Angst der Marktteilnehmer. Dies ist bei den Staatsobligationen und Währungen sehr ausgeprägt. Wahrscheinlich kehrt demnächst wieder Ruhe beim Euro ein, er wird gegenüber den anderen Währungen wieder ansteigen. Es ist wird einfach sein, eine erneute Spekulationswelle gegen den Euro zu fahren. Die Spekulanten können sich die Angriffspunkte wie die Staatshaushalte von Portugal, Belgien, Spanien oder auch wieder Griechenland einfach auswählen. Die EU-Politiker und Medien werden das Thema sicherlich wieder dramatisieren und damit die Gewinne der Spekulanten ansteigen lassen.
Ähnliche Spekulationswellen hatten wir im 2008 gegen die Banken
Während 2008 und im ersten Quartal 2009 gab es gegen die grossen Geschäftsbanken solche Spekulationswellen. Wobei damals die Bankanalysten ihre Konkurrenz mit negativen Gewinnerwartungen belasteten bzw. einander den Abschreibungsbedarf vorrechneten, dies liess die Aktienkurse periodisch purzeln und wieder ansteigen. Damals konnten mutige Spekulanten, die solche Wellen der Übertreibungen erkannten, sehr hohe Kapitalgewinne mit Bankaktien einfahren.
Fazit
Rückblickend waren die Jahresprognosen der schweizerischen Aktienexperten für das 2010 ein Desaster. Sie prognostizierten den SMI-Punktestand im Durchschnitt um mehr als 7% zu hoch. Die beiden Gewinner des SMI hat keiner diese Spezialisten empfohlen, im Gegenteil empfahlen sie die Verliererin Syngenta. Von den Analysten wurde zudem unterschätzt, dass die Schuldenkrise in Europa dereinst im 2010 nicht nur die Agende der Spitzenpolitiker Europas prägen würde, sondern auch die Finanzmärkte.
Auf solche Fehlprognosen können wir Kleinanleger verzichten.